Seit 2013 erstellt Publitek alle zwei Jahre einen Report, in dem die Social-Media-Aktivitäten der 40 weltweit führenden Halbleiterunternehmen analysiert und evaluiert werden. Jetzt haben wir zum ersten Mal nach demselben Muster einen Report für Unternehmen aus dem Bereich „industrielle Automatisierung“ veröffentlicht, um auch diesen Unternehmen Zugang zu derartigen Performance-Daten zu ermöglichen. Die ersten Zahlen, die ich gesehen habe, haben in mir die Frage aufkommen lassen: Sollten Deep-Tech-Unternehmen (und ihre Agenturen) weiterhin ihren Erfolg in den sozialen Medien in „Engagement“ messen?

Die 40 untersuchten Automatisierungsanbieter haben über 27 Millionen Follower, verteilt auf die fünf in diesem Report analysierten Social-Media-Kanäle.
Die Studie analysiert quantitativ den Social-Media-Output und die entsprechenden Performance-Kennzahlen der 40 weltweit führenden Unternehmen im Bereich der industriellen Automatisierung. Der Bericht vergleicht die Ergebnisse dieser Unternehmen nicht nur im Einzelnen für jede der wichtigsten Social-Media-Plattformen, sondern erstellt auch ein Ranking der Unternehmen auf der Grundlage ihrer Gesamt-Interaktionsrate über alle Kanäle hinweg.
Aber warum „Engagement“? Es ist fast schon eine Selbstverständlichkeit geworden, dass Follower-Engagement der heilige Gral für Social-Media-Praktiker ist. Diese Doktrin wurde unter anderem von anerkannten Social-Media-Vordenkern wie Jay Baer aufgestellt, dessen Mantra „the end goal is action, not eyeballs“ das dahinterstehende Denken „Qualität, statt Quantität“ gut zusammenfasst.
Doch einige der Zahlen in unseren Studien haben mich dazu veranlasst, diese etablierte Denkweise in Frage zu stellen. Obwohl mir klar ist, dass es an Häresie grenzt, eine solche Meinung zu vertreten, habe ich mich selbst dabei ertappt, wie ich dachte: Ist Engagement wirklich die richtige Messgröße für Deep-Tech-Unternehmen?
Unsere Untersuchungen ergaben, dass die 40 führenden Unternehmen der industriellen Automation zusammen 27 Millionen Follower haben, von denen 62 % oder 16.740.000 auf LinkedIn zu finden sind. Selbst wenn das Publikum im Bereich Deep-Tech-Engineering nur so groß wäre, wie das angesprochene LinkedIn-Publikum und alle anderen Plattformen nur Profildopplungen wären, so würden wir immer noch über eine riesige Zahl an Deep-Tech-Usern mit einer enormen Kaufkraft sprechen. Das Engagement dieser gesamten Community liegt jedoch bei gerade einmal 0,0003 % (aus Gründen der Fairness habe ich bei unserem letzten Bericht über die Halbleiterindustrie noch einmal nachgesehen, und dort lag die Gesamt-Engagementrate bei 0,0005 %, es handelt sich also nicht nur um einen statistischen Ausreißer).

Die Gesamtengagementrate über die fünf sozialen Netzwerke hinweg beträgt im Durchschnitt 0,0003%.
Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht? Aber ich fand diesen Wert ziemlich schockierend, wenn nicht sogar etwas entmutigend, bis ich anfing, anders darüber nachzudenken. Wir alle wissen, wenn Sie im Deep-Tech-Sektor arbeiten, dass Ingenieure und andere technische Zielgruppen marketingtechnisch nicht einfach zu bespielen sind. Sie sind im Schnitt eher konservativ, zutiefst rational und werden – in ihrem beruflichen Kontext – ihre persönliche Meinung nur selten offen zur Schau stellen. Warum fordern wir sie dann in den sozialen Medien auf, etwas zu tun, was sie nicht gerne tun, und bewerten unsere Maßnahmen dann schlecht, wenn sie es nicht tun?
Vielleicht ist Quantität doch wichtiger im Deep-Tech-Bereich als bisher angenommen? Vielleicht ist es wichtiger, einer größere Zahl an „richtigen“ Followern zu generieren, als zu messen, ob diese auf einer Plattform eine Frage stellen, sich austauschen, etwas liken oder einen Beitrag teilen? Vielleicht sollte die eigentliche Frage lauten: Ist der Einfluss von Social Media auf das Gesamtergebnis des Unternehmens nicht vielleicht entscheidender als die Engagementrate auf den einzelnen Plattformen?
Dem könnte man entgegenhalten: Würden sich Deep-Tech-Unternehmen, indem sie Engagement nicht mehr als Messgröße nutzen, einfach für die niedrigen Interaktionsraten aus der Verantwortung stehlen? Aus Kampagnen, die wir für unsere Kunden umsetzen, wissen wir, dass es durchaus möglich ist, Ingenieure dazu zu bewegen, mit Inhalten in sozialen Medien zu interagieren – wenn alle Parameter passen, und nur, wenn sie einen echten Nutzen davon haben. Vielleicht ist die unangenehme Wahrheit, die uns diese ernüchternden Engagement-Zahlen offenbaren, daher eher, dass die meisten Unternehmen im Bereich Industrie bzw. Deep-Tech es nicht dauerhaft schaffen, ihre Zielgruppe zu Interaktion anzuregen?
Für die Unternehmen, die in dem Bericht erwähnt werden, und im Prinzip auch für alle anderen, die im Bereich industrielle Automatisierung bzw. Deep-Tech unterwegs sind, könnte der Bericht ein Denkanstoß sein, um die eigene Social-Media-Strategie völlig neu zu bewerten. Dazu gehört es, schwierige Fragen zu beantworten, wie zum Beispiel, was man als Unternehmen wirklich erreichen will und welchen Beitrag soziale Medien dabei leisten können.
